Liebe Leser,
in schlechten Wirtschaftszeiten zeigt sich wer seinen Laden im Griff hat bzw. die Kosten unter Kontrolle. Aufgrund der Corona-Pandemie sind Umsatzeinbrüche in vielen Branchen nicht selbstverschuldet. Es ist wie eine Naturgewalt, die über die Firmen hereinbricht. Dennoch ist es interessant zu beobachten, wie schnell es manchen Firmen gelingt, wieder auf die Erfolgsspur zurück zu finden. Oft sind die Aktien, die sich während einer Krise am besten schlagen auch die zukünftigen Gewinner, wenn der neue Aufschwung beginnt.
Merck KGaA gehört zu den trendstabilsten Aktien im DAX
Aufgefallen ist mir beim Screening der Trendstabilitäts-Rangliste die Aktie von Merck KGaA, die sich derzeit auf Rang 4 im DAX 30 befindet. Der Pharma- und Life Sciences-Konzern konnte sich bislang in einem schwierigen Marktumfeld recht gut behaupten und schnitt im abgelaufenen Q2 trotz eines leichten operativen Gewinnrückgangs von knapp 6% leicht besser als erwartet ab. Zu verdanken hat der Darmstädter Traditionskonzern seine insgesamt robuste Performance während der Covid-19-Pandemie seiner breit diversifizierten Aufstellung. Mit seinen Kerngeschäftsfeldern Pharma, Life Sciences und Performance Materials verfügt man über eine solide Basis, mit der es Merck wie bereits in früheren Krisen gelang, sich in einem schwierigen Marktumfeld erfolgreich zu behaupten
Breite Aufstellung macht sich bezahlt - Pharmageschäft leidet unter Covid-19-Krise
Schwächer präsentierte sich in der ersten Jahreshälfte erwartungsgemäß das Pharmasegment, das vor allem unter rückläufigen Absätzen bei Fruchtbarkeits-Therapie-Präparaten wie dem Blockbuster Gonal-F zu leiden hatte. Dies konnte durch höhere Absätze bei Krebs-Präparaten wie Bavencio, das für verschiedene Hautkrebserkrankungen und Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellenkarzinom zugelassen ist, nicht vollständig kompensiert werden. Auch bei anderen Medikamenten wie dem Multipler Sklerose-Präparat Cladribin oder im Diabetes-Segment verzeichnete man trotz der aktuellen Krise teilweise solide Umsatzzuwächse. Alles in allem fiel der Umsatzrückgang im Pharmasegment mit einem Minus von 10,5% nicht ganz so stark aus, wie von einigen Analysten im Vorfeld erwartet.
Life Sciences-Sparte profitiert von steigenden Produktabrufen im Zuge der Coronavirus-Pandemie!
Deutlich besser lief es für Merck hingegen in der umsatzstärksten Konzernsparte Life Sciences. Dank der milliardenschweren Übernahme des US-Konzerns Sigma-Aldrich gehört die Konzernsparte zu den weltweit führenden Labortechnik-Anbietern und liefert der Pharma- und Biotechbranche daneben auch eine breite Palette an Produkten und Dienstleistungen zur Herstellung von Medikamentenherstellung. Auch bei der Entwicklung von modernen Impfstoffen gilt die Life Sciences-Sparte von Merck als einer der technologisch führenden Anbieter, was Merck zu einem gefragten Kooperationspartner bei der Suche nach einem Vaccine für das Covid-19-Virus macht. Aktuell arbeitet man hier mit führenden Pharma- und Biotechkonzernen an der Entwicklung eines wirksamen Impfstoff-Kandidaten für die neue Lungenerkrankung zusammen und ist bei 45 verschiedenen Impfstoff-Projekten involviert. Entsprechend konnte die Konzernsparte Life Sciences von deutlich höheren Produktabrufen in Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie profitieren und überzeugte mit einem deutlichen operativen Ergebnisplus von knapp 7%.
Performance Materials - Zukäufe und Erholung der Chipindustrie bescheren deutliches Umsatz- und Ergebnisplus!
Sehr stark entwickelt sich die Konzernsparte Performance Materials. Während man im Segment Display-Herstellung erwartungsgemäß unter einer krisenbedingt geringeren Nachfrage und dem anhaltenden Preisdruck im Flüssigkristallgeschäft zu leiden hatte, konnte man im Segment Semiconductor Solutions deutliche Zuwächse verzeichnen. Hier hatte man sich bereits Ende 2019 mit dem knapp 8,5 Mrd. USD schweren Zukauf des US-Anbieters Versum verstärkt. und damit sein Portfolio für die Chip- und Halbleiterindustrie strategisch klug ergänzt. Der US-Spezialchemiehersteller Versum stellt u.a. hochreine Prozesschemikalien und -Gase her, die zur Herstellung von Chips und Halbleitern sowie von Elektronikkomponenten benötigt werden und liefert damit die perfekte Ergänzung zum bestehenden Portfolio im Teilsegment Semiconductor Solutions. Dies macht sich nun bezahlt, da sich die Chip- und Halbleiterindustrie seit dem krisenbedingten Einbruch zu Jahresbeginn mittlerweile wieder kräftig erholt hat. Entsprechend überzeugte das Teilsegment Semiconductor Solutions mit einem sehr starken organischen Umsatzwachstum und verhalf der Konzernsparte Performance Materials zu einem satten operativen Ergebnisplus von 25%.
Merck blickt optimistisch in die Zukunft - Angehobene Jahresprognose bestätigt
Nachdem man im ersten Halbjahr trotz der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie solide abgeschnitten hatte, sieht man sich auch für das Gesamtjahr auf Kurs. Im Rahmen des Kapitalmarkttages Ende September wurde die zuletzt leicht nach oben angepasste Jahresprognose bestätigt, wobei Merck nun für das Gesamtjahr leichte Zuwächse bei Umsatz und bereinigtem operativen Ergebnis erwartet. Frische Impulse im zweiten Halbjahr erwartet Merck vor allem dank des Versum-Zukaufs, dessen Integration schneller als gedacht vorankommt, wobei sich das Geschäft mit Halbleitermaterialien derzeit als stärkster Wachstumstreiber des gesamten Geschäftsbereichs erweist. Auch im Life-Sciences-Segment profitiert man nach Aussage von Konzernchef Stefan Oschmann weiterhin von starken Auftragseingängen im Zuge der Coronavirus-Pandemie.
Pharmasparte mit starken Perspektiven - Neue Präparate sollen Spartenumsatz bis 2022 um 2 Mrd. Euro erhöhen!
Auch im Pharmasegment hat Merck weiterhin allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Hier ruhen die Hoffnungen im Kernportfolio vor allem auf neu zugelassenen Präparaten wie Mavenclad (Multiple Sklerose) und dem Krebsmedikament Bavencio. Auch die Pharma-Pipeline von Merck ist gut bestückt, wobei hier die Hoffnungen vor allem auf dem in der fortgeschrittenen Phase der klinischen Erprobung befindlichen MS-Medikament Evobrutinib und dem Onkologie-Wirkstoff Tepotinib ruhen. Tepotinib wurde bereits in Japan zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom zugelassen und hat darüber hinaus gute Chancen auf eine Zulassung durch die US-Gesundheitsbehörde FDA. Hier wird das Präparat aktuell in einem beschleunigten Zulassungsverfahren in dieser Indikation geprüft. Da man über weitere vielversprechende Kandidaten in einem fortgeschrittenen Stadium der klinischen Erprobung verfügt, wurde das ehrgeizige Planziel, die Umsatzerlöse durch Neuzulassungen bis zum Jahr 2022 um 2 Mrd. Euro zu verbessern, bestätigt.
Analysten heben den Daumen - Deutsche Bank mit neuem Spitzenkursziel!
Nach Aussage von Konzernchef Stefan Oschmann ist Merck KGaA dank der starken Aufstellung in den Kerngeschäftsfeldern Pharma, Life Sciences und Performance Materials trotz des aktuell herausfordernden Marktumfelds bestens aufgestellt und rechnet daher auch für die kommenden Jahre mit einem profitablen Wachstum. Ähnlich positiv lautet die Einschätzung der Deutschen Bank zu den weiteren Zukunftsaussichten des Darmstädter Pharma- und Life Sciences-Konzerns. In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde die Einstufung daher von "Hold" auf "Buy" angehoben und das Kursziel von 110 auf 146 Euro erhöht.
Viele Grüße
Simon Betschinger