Liebe Leser,
in meinem letzten Blog-Beitrag hatte ich über die Chancen von Intel als Value-Aktie gesprochen. Die letzte Woche veröffentlichten Statements von Intel sind ein lauter Paukenschlag, der für die gesamte Welt von Bedeutung sein wird. Intel denkt darüber nach, die Produktion von Chips an Taiwan Semiconductor Manufactoring Company (TSMC) auszulagern. Auch AMD lässt die Chips von TSMC produzieren.
Der Kurs der TSMC-Aktie setzte zu einem Höhenflug an und gehört mit einem Börsenwert von 400 Mrd. USD nun zu den 10 größten Aktiengesellschaften der Welt.
Es hat große politische Sprengkraft, dass das führende Wissen zur Chipproduktion ganz offensichtlich in einem kleinen Inselstaat beheimatet ist, auf den China Anspruch erhebt und den die USA mit Waffen beliefert. China folgt zur Stärkung des chinesischen Reichs einer erkennbaren Agenda. Derzeit ist Hongkong das Ziel und die chinesische Führung würde dessen Autonomie wohl am liebsten sofort beenden. Als nächstes dürfte dann Taiwan an der Reihe sein. China bezeichnet Taiwan als abtrünnige Provinz.
Die Geopolitik der Amerikaner dreht sich schon immer um die Sicherung von strategisch wichtigen Ressourcen. Was in den letzten 50 Jahren als der Kampf um das Öl beschrieben werden kann, wird in den nächsten 50 Jahren der Kampf um die State-of-the-Art-Technologien sein. Die Chiptechnologie legt die Basis für Künstliche Intelligenz (KI) und KI ist eine Schlüsseltechnologie, die die Welt verändern kann. Die USA werden es unter diesen Umständen wohl kaum zulassen, dass sich China Taiwan als Provinz einverleibt. Neue Spannungen sind garantiert.
Auch in Deutschland gibt es Chip-Aktien. Diese spielen zwar nicht in der ersten Liga der Chipindustrie, haben sich aber als Zulieferer für viele Weltkonzerne etabliert. Über eine dieser Aktien möchte ich nun berichten:
Aufgefallen ist mir beim Screening der Trendstabilitäts-Ranglisten die Aktie von Pfeiffer Vacuum, die sich aktuell auf Rang 5 im TecDAX befindet. Der Spezialist für Vakuumpumpen-Systeme hat sich in seiner mittlerweile 130-jährigen Firmengeschichte zu einem der technologisch führenden Anbieter in diesem Segment gemausert. Gefragt sind die Turbo- und Vorpumpensysteme von Pfeiffer Vacuum vor allem für Anwendungen wie etwa Leckage-Suchsystemen mit denen sich zuverlässig und schnell undichte Stellen etwa in Prozessanlagen der chemischen oder der pharmazeutischen Industrie oder bei Benzin- oder Heizöltanks aufspüren lassen.
Führend bei Vakuumpumpen-Systemen für die Chip- und Halbleiterindustrie
Dank zahlreicher Übernahmen und hohen F&E-Ausgaben gilt Pfeiffer Vacuum gerade bei Vakuumpumpen-Systemen für die Chip- und Halbleiterindustrie als technologisch führend, wobei man in diesem Segment mittlerweile mit knapp 53% den Löwenanteil seiner Umsatzerlöse generiert. Gefragt sind die Lösungen von Pfeiffer Vacuum beispielsweise zur Erzeugung eines Vakuums in so genannten Reinräumen. Nur damit lässt sich eine nahezu keim- und partikelfreie Produktionsumgebung mit konstanten Temperatur- und Luftdruckbedingungen schaffen, welche für die Herstellung der äußerst empfindlichen Mikrochips benötigt wird.
Daneben bietet Pfeiffer Vacuum auch spezielle Turbo-Pumpensysteme an, die beispielsweise bei der Aufreinigung von Wafern, oder bei speziellen Prüf- und Wartungssystemen für Chip- und Halbleiter eingesetzt werden. Als Hersteller von Speziallösungen für Hochvakuum-Turbopumpen und trockenen Vorpumpen partizipiert Pfeiffer Vacuum als Zulieferer auch vom Trend zu immer kleineren Chipsätzen mit Abmessungen von 7 bis 5 Nanometern. Ohne diese speziellen Pumpensysteme wäre das neue EUV-Lithographie-Verfahren, das ultraviolettes Licht (EUV) unter Vakuumbedingungen verwendet, nicht realisierbar. Mit EUV-Systemen der neuesten Generation lassen sich Chipsätze mit kleinsten Abmessungen schnell und kostengünstig herstellen. Diese EUV-Lithographiesysteme werden derzeit von Branchengrößen wie TSMC oder Samsung stark nachgefragt, da viele Hersteller ihre Chipproduktion von bislang gängigen Standards im Bereich von 14 bis 10 Nanometern auf Hochleistungschips in der Größenordnung von 7 bis 5 Nanometern umstellen.
Die Coronavirus-Pandemie hatte zuletzt auch bei Pfeiffer Vacuum in Q2 ihre Spuren hinterlassen. Laut vorläufigen Berechnungen musste man einen deutlichen Einbruch von knapp 80% beim operativen Ergebnis hinnehmen, während der Umsatz knapp 11% unter dem Vorjahresniveau erwartet wird. Sehr solide entwickelte sich hingegen der Auftragseingang, bei dem Pfeiffer Vacuum von einem Wert auf Vorjahresniveau (149,7 Mio. Euro) oder leicht darüber ausgeht. Die Experten der Commerzbank zeigten sich zuletzt verhalten optimistisch und bestätigten die Einstufung nach besser als erwartet ausgefallenen Zahlen zum Auftragseingang mit "Hold".
Viele Grüße
Simon Betschinger