Liebe Leser,
ich habe in den letzten Jahren 3 Buchprüfungen durchgeführt. Es handelte sich um Firmen, an denen ich mich beteiligt habe, beziehungsweise beteiligen wollte. Ein wichtiger Aspekt ist die Prüfung der Konten. Welche Konten gibt, bei welchen Banken liegen diese und kann ich mich einloggen und alles checken? Nun kommt im Falle von Wirecard heraus, dass die asiatischen Konten, auf denen 1,9 Milliarden Euro liegen sollen, offenbar gar nicht existieren. Und ich frage mich, warum die Wirtschaftsprüfer, die die ganzen Wirecard-Abschlüsse der letzten Jahre testierten, ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das ist der eigentliche Skandal, denn Wirecard stand ja schon länger im Kreuzfeuer. Da muss man sich als Wirtschaftsprüfer doch mal die Mühe machen, die Existenz von milliardenschweren Konten RICHTIG zu überprüfen. Ich kann nur noch den Kopf schütteln…
Firmen rund um Wasserstoff dominieren die Trendstabilitäts-Ranglisten
Aufgefallen ist mir beim Screening der Trendstabilitäts-Ranglisten die Aktie von Linde, die sich derzeit auf Rang 13 im EUROSTOXX50 befindet. Der Industriegase-Hersteller ist nach dem Zusammenschluss mit dem US-Wettbewerber Praxair die Nummer Eins in diesem Bereich und gehört auch im Bereich Anlagenbau und Prozesstechnik zu den führenden Anbietern.
Linde ist im Zukunftsmarkt Wasserstoff gut positioniert
Die Expertise bei der Realisierung von Großanlagen zur Produktion und Aufbereitung von Industriegasen liefert nicht nur die passende Ergänzung für das eigentliche Kerngeschäft, sondern beschert Linde auch im Zukunftsfeld Wasserstoff eine hervorragende Ausgangsposition. Als erfahrener Gasspezialist und einer der weltgrößten Wasserstoff-Anbieter deckt Linde mit seiner Fachkompetenz die gesamte Wertschöpfungskette - von der Erzeugung und Verflüssigung bis hin zu Lösungen für Transport und Speicherung von Wasserstoff - ab. Damit ist Linde bestens für das Zukunftsprogramm Wasserstoff, dass die Bundesregierung im Zuge ihres 130 Mrd. Euro schweren Konjunkturpakets angekündigt hat, gerüstet.
Schon 2017 baute Linde erste Power-to-Gas-Anlagen
Linde hat bei der Realisierung von Power-to-Gas-Anlagen Pionierarbeit geleistet und schon frühzeitig Effizienz von Grünem Wasserstoff als Energie- und Wärmelieferant unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit den Stadtwerken Mainz betreibt man seit 2017 vor den Toren der Stadt mit dem "Energiepark Mainz" eines der erfolgreichsten Pilotprojekte. Gespeist wird die Anlage aus einem nahegelegenen Windpark, wobei die Windenergie vor Ort durch eine Power-to-Gas-Anlage in Grünen Wasserstoff umgewandelt wird. Der hieraus gewonnene Grüne Wasserstoff dient dabei unter anderem zur Versorgung der nahegelegenen Wasserstoff-Tankstellen. Daneben leistet der Grüne Wasserstoff einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltigere Versorgung der angrenzenden Wohngebiete. Mittlerweile werden der regionalen Erdgasversorgung 10% Grüner Wasserstoff beigemischt, womit knapp 1.000 Haushalte versorgt werden können.
Bei der Umsetzung ähnlicher Konzepte zur Anreicherung der Erdgasversorgung durch Grünen Wasserstoff ist Linde derzeit ein gefragter Partner, wobei derartige Konzepte bei vielen kommunalen Erdgasversorgern aufgrund der Ökostromwende ganz oben auf der Agenda stehen. Konkret ist Linde hier bereits bei konkreten Projekten in Berlin aktiv, wobei der Fokus hier auf einer Erhöhung der Beimischungsquote auf 20% oder mehr liegt.
Linde arbeitet an PEM-Elektrolyseuren
Auch bei passendem Equipment, das für die Produktion von Grünem Wasserstoff benötigt wird, gilt Linde als technologischer Schrittmacher. Im Rahmen eines Joint-Ventures mit der britischen ITM Power arbeitet man an der Entwicklung so genannter PEM-Elektrolyseure mit einer Kapazität von 5 Megawatt. Damit lässt sich im industriellen Maßstab Wasser durch Strom aus regenerativen Energien effizient und wirtschaftlich in die Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten, wobei pro Tag bis zu 2,1 Tonnen Grüner Wasserstoff erzeugt werden können. Da vor allem für Unternehmen aus der Stahl- und Metallindustrie oder den Bereichen Chemie und Elektronik verstärkt auf integrierte Power-To-Gas-Anlagen setzen, um eine nachhaltige und CO2-neutrale Energieversorgung zu gewährleisten, adressiert Linde damit einen chancenreichen Zukunftsmarkt. Da Linde zu den weltweit führenden Wasserstoffproduzenten gehört, und seine Kapazitäten am Standort Leuna weiter ausbaut, positioniert man sich gleichzeitig als verlässlicher Lieferant mit klima-neutralem Wasserstoff.
Da die Bundesregierung im Zuge der Wasserstoff-Offensive bis zum Dekaden-Ende den Bau von Industriellen Großanlagen zur Herstellung von Grünem Wasserstoff mit einer Gesamtleistung von 5 Gigawatt durch milliardenschwere Subventionen forcieren will, wird Linde damit als vollstufiger Anbieter in allen Bereichen hiervon stark profitieren.
Linde stellt auch Wasserstoff-Tankstellen her
Auch bei Betankungs-Lösungen für Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge gilt Linde als einer der technologisch führenden Anbieter. Seit 2017 bietet man standardisierte Wasserstoff-Betankungsanlagen für Personen- und Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb an, was dem Konzern eine Schlüsselrolle beim Rollout eines flächendeckenden Wasserstofftankstellen-Netzwerks beschert. Die Bundesregierung hatte in ihrem jüngst verabschiedeten Konjunkturprogramm explizit dem raschen Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzwerks höchste Priorität eingeräumt, um den Einsatz von Grünem Wasserstoff im Schwerlastverkehr zu fördern. Da auch eine verpflichtende Beimischungsquote für Flugbenzin zu den Kernpunkten der Wasserstoff-Offensive der Bundesregierung gehört, dürfte sich für Linde hier mittelfristig ein attraktives neues Wachstumsfeld erschließen.
Linde traut dem Zukunftsfeld Wasserstoff, das im Zuge der Energiewende eine noch größere Rolle bei der Reduktion umweltschädlicher Treibhausgase und CO2-Emissionen spielen wird, schon jetzt enormes Wachstumspotential zu. Aktuell generiert Linde mit Wasserstoff nach Aussage von CEO Steve Angel bereits jetzt einen Jahresumsatz von gut 2 Mrd. USD. Mittelfristig dürfte sich der Umsatzbeitrag aus diesem Segment angesichts der dynamischen Entwicklungen der Wasserstoffwirtschaft in den kommenden Jahren nach Aussage des Konzernchefs knapp vervierfachen.
Auch operativ konnte Linde zuletzt trotz der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie im ersten Quartal erfolgreich behaupten. Bei einem leichten Umsatzrückgang verbesserte sich der bereinigte Nettogewinn im Vorjahresvergleich dank höherer Absatzpreise im Vorjahresvergleich um knapp 11%, womit die Konsenserwartungen übertroffen werden konnten. Auch für das Gesamtjahr zeigte sich Linde zuletzt verhalten optimistisch und rechnet ab dem dritten Quartal mit einer deutlicheren Belebung im Kerngeschäft mit Industriegasen. Damit sieht man sich auf Kurs, das zuletzt leicht nach unten revidierte Jahresziel, das eine Verbesserung beim bereinigten Gewinn je Aktie im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich vorsieht, bequem erreichen zu können. Die Experten der Deutschen Bank haben kürzlich die Einstufung mit "Buy" bestätigt und sehen weiterhin ein Kursziel von 210 Euro.
Viele Grüße
Simon Betschinger