Liebe Leser,
seit dem starken Corona-Markteinbruch stehe ich als Bulle da und argumentiere, warum die Aktienmärkte steigen und die Wirtschaft sich sehr schnell erholen dürfte. Ich bekomme mit dieser Ansicht teilweise sehr viel wütenden Gegenwind, vor allem in Social-Media. Viele Leute haben eine gewisse Lust am Untergang und reagieren regelrecht verärgert, weil dieser ganz offensichtlich nicht stattfindet. Die Wiedereröffnung der Volkswirtschaften weltweit verläuft bislang erfolgreich. In den Kommentaren auf Social-Media erkenne ich häufige Denkfehler, die von den Bären immer und immer wieder gemacht werden. Darauf möchte ich heute eingehen:
Denkfehler Nr. 1 der Bären
Die schlechten Wirtschaftsdaten heute als Argument für fallende Kurse heranziehen
Wenn FED-Chef Jerome Powell ausführt, dass die US-Wirtschaft im laufenden Quartal um 30 % einbrechen dürfte und dass die Arbeitslosenquote vermutlich auf 20 bis 25 Prozent ansteigen wird, dann ist das eine gute Erklärung für die Marktturbulenzen, die bereits stattgefunden haben. Diese Tatsachenbeschreibungen der aktuellen Wirtschaftslage sind jedoch nicht dazu geeignet, um weitere Kursverluste abzuleiten. Im Gegenteil: Wenn die Konsensmeinung besteht, dass die US-Wirtschaft in Q2 um 30 % einbrechen wird, dann sehe ich eher Überraschungspotenzial nach oben. Sprich: Es wird nicht so schlimm kommen wie erwartet. Der faire Wert einer Firma ist der Gegenwartswert ihrer zukünftigen Cashflows. Warum sollte ich als Aktionär eine Firma zu tiefen Preisen verschenken, nur weil es zwei schlechte Quartale gibt? Es gibt keinen Grund so zu handeln.
Denkfehler Nr. 2 der Bären
Historische Zäsur in der Geldpolitik ignorieren
Letzte Woche hat die amerikanische Notenbank zum ersten Mal private Schulden aufgekauft. Zusammen mit der Ankündigung, Staatsanleihen in jedem notwendigen Umfang zu erwerben, ergibt sich ein historischer Tabubruch in der Geldpolitik. Ich habe den Eindruck, dass die Befürworter der „Modern Monetary Policy“ immer mehr die Oberhand gewinnen. Nach dieser Theorie, die unter Ökonomen seit etwa 10 Jahren intensiv diskutiert wird, sollte die Notenbank direkt den Staat finanzieren. Wenn Inflation entsteht, soll der Staat die überschüssige Geldmenge über Steuern wieder abschöpfen. Vielleicht sehen wir derzeit den ersten Vorstoß, diese neue Form der Geldpolitik ernsthaft zu probieren. Das würde in der Praxis bedeuten, dass die amerikanische Zentralbank nun sehr viel stärker in die Realwirtschaft interveniert, um die Staatsausgaben zu finanzieren, als jemals zuvor in ihrer Geschichte. Ich glaube, dass genau das gerade passiert.
Denkfehler Nr. 3 der Bären
Die ganzen Gewinnerbranchen nicht wahrhaben wollen
Ich habe die Finanzkrise 2008 und 2009 als Trader quasi live miterlebt. Der Aktienmarkt glich einem Schlachtfeld. Es gab so gut wie keine Gewinner. Dieses Mal ist es anders. Der Aktienmarkt ist voll von Firmen, die gute Geschäfte machen und deren Aktien auf neue Allzeithochs streben. Amazon, Shop Apotheke und Zalando übernehmen Umsätze, die der Einzelhandel verliert. Unternehmen wie Microsoft, Bechtle, NVIDIA und Zoom profitieren von der neuen Cloud-Ökonomie. Essenslieferdienste wie Hellofresh oder DeliveryHero versorgen die Menschen mit Lebensmitteln. Firmen wie Netflix, Activision Blizzard, Nintendo oder Electronic Arts stellen digitale Unterhaltungsprodukte bereit. Die Baumarkt-Kette Home Depot profitiert vom Heimhandwerker-Boom, genauso wie Pool.com, die von einer hohen Nachfrage nach Swimming-Pools überrannt werden. Und dann gibt es noch den Gesundheitssektor. Pharmafirmen, Biotechs und Medizintechnik-Hersteller machen gute Geschäfte. Die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen und sogar komplett neue Geschäftsfelder wie Videosprechstunden werden von Firmen wie Teladoc oder Compugroup erschlossen. Facebook möchte den zahlreichen Einzelhändlern neue Online-Absatzwege aufzeigen und startet eine Shop-Plattform. Ich habe gekauft, das dürfte funktionieren. Ich könnte diese Aufzählung noch lange fortsetzen. Es gibt sehr viele Firmen, die an ihren Allzeithochs notieren, weil die Geschäfte gut laufen. Die Bären scheinen die ganzen Unternehmen, die gute Geschäfte machen, irgendwie komplett zu ignorieren.
Sehr gut entwickeln sich auch Aktien rund um erneuerbare Energie wie Solaredge, Enphase Energy oder auch Tesla. In den Trendstabilitäts-Ranglisten fällt mir zu diesem Thema wieder die Aktie von Varta auf, die sich auf Ranglisten-Platz Nr. 7 befindet.
Varta: 60 % Marktanteil bei Mikrobatterien
Der Batteriehersteller hat sich in den vergangenen Jahren als Premium-Anbieter bei sogenannten Mikro- und Knopfzellenbatterien einen Namen gemacht. Mit einem Marktanteil von mehr als 60% dominiert man mit seinen qualitativ hochwertigen und langlebigen Modellen den Markt für Hörgeräte-Batterien. Als eigentlicher Wachstumstreiber kristallisieren sich seit geraumer Zeit Mikrobatterie-Lösungen für so genannte Bluetooth-Kopfhörer heraus. Vor allem bei jüngeren kaufkräftigen Konsumenten stehen die kabellosen Kopfhörer-Modelle hoch im Kurs, was den Absatz von passenden Lithium-Ionen-Akkus bei Varta ankurbelt. Dies belegen die kürzlich veröffentlichten Q1-Zahlen eindrucksvoll, da Varta in diesem Segment erneut ein sattes Umsatzplus von 75% vorzuweisen hatte. Auch auf Konzernebene überzeugte Varta mit einem deutlich besser als erwarteten Jahresauftakt. Bei einem satten Umsatzplus von 170% konnte der operative Gewinn mit 51,7 Mio. Euro fast verdreifacht werden, womit man die Konsenserwartungen deutlich übertraf.
Übernahme öffnet den Marktzugang zu neuen Segmenten
Neben der dynamischen Entwicklung im Kerngeschäft erwies sich auch die zu Jahresbeginn abgeschlossene Übernahme der Consumer-Battery-Sparte des US-Konzerns Energizer als strategisch richtige Entscheidung. Damit komplettiert Varta nicht nur sein Produktportfolio, sondern positioniert sich auch bei Premium-Haushaltsbatterien, Ladegeräten und so genannten Powerbanks für Smartphones und andere mobile Endgeräte als einer der führenden Anbieter. Dank eines verbesserten Produkt-Mix erwies sich der Zukauf im ersten Quartal mit einem Umsatzbeitrag von knapp 80 Mio. Euro und einer operativen Marge von 13,7% als profitable Ergänzung für das Varta-Portfolio.
Varta profitiert auch vom Absatz von Bluetooth-Headsets
Auch mittel- bis langfristig bleiben die Perspektiven für Varta vielversprechend. Da Branchengrößen wie Samsung, Bose, Sennheiser, Bang & Olufsson, Sony oder Jabra seit Jahren zum Kundenkreis von Varta gehören und dem Vernehmen nach auch Branchenprimus Apple Varta-Mikrobatterien für seine neue Air-Pod-Generation verwendet, wird sich die dynamische Absatzentwicklung weiter fortsetzen. Dank der für 2021 geplanten Erweiterung der Produktionskapazitäten auf 200 Millionen Lithium-Ionen-Akkus pro Jahr ist Varta für den anhaltenden Absatzboom bei Bluetooth-Headsets und so genannten Ear-Buds gerüstet. Die Experten von Markets&Markets trauen diesem Segment bis 2025 jährliche Zuwachsraten von durchschnittlich 18,6% zu. Angesichts der vielversprechenden Wachstumsaussichten im Kerngeschäft sehen Analysten bei Varta nach dem starken Jahresstart weiter Luft nach oben. So haben die Experten vom Analystenhaus Mainfirst das Kursziel für Varta nach dem unerwartet starken Abschneiden im Auftaktquartal von 99 auf 104 Euro angehoben und die Einstufung mit "Buy" bestätigt.
Viele Grüße
Simon Betschinger