Liebe Trendfolge-Trader,
über 4 Jahre dauert nun schon die laufende Seitwärtsphase im DAX. Wer es nicht glauben möchte, der schaue bitte auf einen Chart. Es ist wahr: Bereits Anfang 2015 notierte der DAX bei über 12.000 Punkten. Nun steht der deutsche Leitindex mit 11.600 Punkten deutlich darunter. Es spricht für unsere Trendfolge-Regelwerk, dass es sich in dieser langen Seitwärtsphase nicht schon selbst gegen die Wand gefahren hat, denn trendlose Seitwärtsphasen sind eigentlich der Alptraum jedes Trendfolge-Ansatzes. Wenn die Märkte deutlich fielen, würde uns die Marktampel schützen. Wenn die Märkte dann nach einer gesunden Bereinigung wieder durchstarteten, wäre der optimale Zeitpunkt gekommen, um auf trendstabile Aktien zu setzen. Aber unterm Strich ist in 4 Jahren fast gar nichts passiert. Für die gesamte Volkswirtschaft gesprochen könnte man höchstens konstatieren, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit in den wichtigsten Branchen mit wunderbarer Gelassenheit verspielt. Leider.
Im letzten Beitrag habe ich darüber philosophiert, wie der niedrige Zinssatz zu interpretieren ist: Wir haben einfach keine Ideen für neue Innovationen mehr, lautete die Schlussfolgerung. Mit „wir“ sind nicht nur die deutschen Firmen gemeint, sondern auch der deutsche Staat, der seit 2010 mit einer eisernen Sparpolitik die Staatsverschuldung von 81 % des BIP auf aktuell etwa 62 % reduzierte. Das bedeutet natürlich, dass die Nachfrage des Staates nach Geld sehr niedrig ist und ohne Nachfrage nach Geld entsteht ebenfalls nur schwer ein positiver Zinssatz. Also eigentlich muss sich niemand wundern, dass es keine risikolosen Zinsen mehr gibt. Selbst bei Infrastruktur-Projekten wie dem Aufbau eines 5G-Netzes langt der Staat den Telekomanbietern noch mit hohen Lizenzgebühren in die Tasche. Dass Firmen wie United Internet dieses Geld nun für den Aufbau eines Netzes fehlt, spricht nicht dafür, dass die Datenübertragung den Mobilfunknetzen perspektivisch besser funktionieren wird als heute.
Als Ökonom wache in diesen Tagen mit Bauchweh auf und gehe mit Kopfweh ins Bett und das alles nur, weil ich das aktuelle Zeitgeschehen in der Zeitung verfolge. Die niedrigen Zinsen möchten die ersten Politiker mit einem Verbot von Nullzinsen bekämpfen. Mögen die Urheber dieses Vorschlags doch bitte beispielhaft vorangehen, denke ich, und ihre eigenen Hauskredite bei der Bank mit dem höchsten Kreditzinssatz abschließen, damit diese Bank anschließend genügend Marge hat, um positive Guthabenzinsen zu bezahlen. Die Idee des Nullzinsverbotes ist fast so gut wie der in Berlin vorgestellt Masterplan, die Wohnungsnot und die hohen Mietpreise zu bekämpfen. Nein, wir bauen nicht etwas mehr Wohnungen durch schnelle und unkomplizierte Bauverfahren und unter Aufhebung der Höhenbeschränkungen beim Bauen. Der Plan ist wirklich, die Mietpreise so sehr zu deckeln, dass jedem Bauherrn und jedem Vermieter sofort die Lust am Wohnungsbau in Berlin vergeht.
Um den Kreis zu schließen: Irgendwie ist die DAX-Entwicklung nichts anderes als ein Spiegelbild von all den Dingen, die aus wirtschaftlicher Sicht in diesem Land gerade falsch laufen.
Was gibt es Neues in den Trendstabilitäts-Ranglisten? Enel: 5,1 % Dividendenrendite und bestens positioniert bei regenerativen Energien
Aufgefallen ist mir beim Screening der Trendstabilitäts-Rangliste mein Realgeld-Depotwert Enel, der sich mittlerweile auf Rang 1 der Gesamtauswahl vorgeschoben hat. Der italienische Energieversorger überzeugte Anfang August mit einem starken Halbjahresergebnis wobei man die Konsenserwartungen beim operativen Gewinn mit einem deutlichen Plus von 13,4% leicht übertreffen konnte. Neben höheren Stromabsatzpreisen vor allem in Brasilien und Südamerika überzeugte man vor allem im Bereich regenerativer Energien mit einem starken Ergebniszuwachs. Da Energie aus Wind-, Solar- und Wasserkraft deutlich höhere Margen abwirft, als konventionell erzeugter Strom aus Kohle- oder Atomenergie, investiert Enel massiv in den Ausbau seiner regenerativen Energiekapazitäten. In den kommenden Jahren will die Ökostromtochter von Enel weitere Projekte mit einer Gesamtkapazität von 7 Gigawatt fertigstellen. Nach erfolgter Inbetriebnahme der im Bau befindlichen Wind- und Solarenergieparks erwartet man einen Ergebnisbeitrag in Höhe von rund 1 Mrd. Euro pro Jahr beim operativen Ergebnis. Da Enel bei der Umsetzung seiner Kostensenkungsmaßnahmen gut vorankommt sieht sich der Energie- und Erdgasversorger auf Kurs, sein profitables Wachstum auch in den kommenden Jahren fortsetzen zu können. Davon werden auch die Aktionäre profitieren. Laut Konsens wird Enel die Dividende in 2019 auf 0,33 Euro je Aktie anheben, womit Enel eine auch im Branchenvergleich stattliche Dividendenrendite von knapp 5,1% aufweist. Die Experten der UBS haben kürzlich das Kursziel für Enel von 6,10 auf 6,80 Euro angehoben und die Einstufung mit "Buy" bestätigt.
Viele Grüße
Simon Betschinger